Es ergab sich, dass ein gemeinsamer Freund dieses Jahr heiraten wollte. Für das Bierfest im Anschluss hat sich das Brautpaar einen Schnapsbrunnen von uns gewünscht… Gut, dass wir nicht nur eine gut ausgestattete Werkstatt haben, sondern auch noch für so einen Quatsch zu haben sind 🙂
Anforderung
Das Brautpaar hatte konkrete Anforderungen an die Maschine.
- Aufbau wie ein Brunnen unter welchem man sein Glas halten kann
- 2 Verschiedene Getränke zur Auswahl
- Kühl sollte der Schnaps sein
Ein Brunnen ist es dann aus hygienischen und kühlungstechnischen Gründen nicht geworden. Ansonsten konnten wir das Plfichtenheft aber umsetzen.
Kühlung
Natürlich kann man den Schnaps nicht warm trinken, also musste eine Kühllösung her. Zunächst haben wir zwischen einem Becken mit Eiswasser und unserem Laser-Kompressorkühler hin und her überlegt.
Am Ende ist es dann wieder mal ausgeartet und aufwändig geworden. Aus Kupferrohr (ist das Zeug teuer geworden…) haben wir einen Dreikreis-Gegenlaufkühler aufgebaut.
Damit das Kupferrohr bei der Bearbeitung nicht einknickt haben wir es mit Wasser gefüllt, abgequetscht und dann mit Wig zugeschweißt zugeschmolzen. Trotz der relativ dicken Wandstärke ließ sich das Material ohne Deformation super um eine Stahlwelle biegen.
Im letzten Bild sieht man den Aufbau in seiner ganzen Schönheit. Die Ein- und Auslässe sind jeweils auf der gleichen Seite, damit die Konstruktion in ein gemeinsames, großen Rohr passt.
Zur Vermeidung von Kondensbildung am Kühler kamen noch ein paar Schichten Isolierung drüber. Sieht irgendwie aus wie eine Dampfmaschine 🙂
Die Halterungsn sind fix auf dem CO2 Laser entstanden. Was wir damit nicht schon alles praktisches hergestellt haben…
Getränkeförderung
Auch hier ist die Lösung wieder etwas eskaliert… Ziel waren einfache Pumpen. Am Ende sind es dann zwei Schlauchpumpen mit Getriebemotor und 1,1l/min Förderleistung geworden. Damit ließen sich die 2cl theoretisch in knapp etwas mehr als einer Sekunde füllen.
Die Vorteile:
Einfache Reinigung, möglicher Austausch des Förderschlauchs, sehr genaue Dosierung möglich.
Die Nachteile:
Der Preis. Diese Exemplare waren noch günstig und haben jeweils knapp 60EUR gekostet.
Basis
Aus einer alten Holzkiste, Resten einer See-Transportkiste, etwas Leim und Krampen aus dem Presslufttacker ist folgende Konstruktion entstanden. Optisch sind wir absichtlich auf der rustikalen Seite geblieben. Hätte man natürlich auch schleifen, spachteln und lackieren können…
Das Auge trinkt mit! Deshalb muss auch noch ein bisschen leuchtende Deko her. Zunächst wollten wir uns die Beleuchtung aus Zeitgründen sparen, haben es dann aber doch gemacht. Zum Glück.
Keine Ahnung aus welchem Holz die Kiste bzw. das Brettchen hier ist: Aber der Laser kam mühelos in einem Durchgang durch.
Becken
Das bei Wasser + Schnaps + betrunkene Menschen einiges daneben gehen wird, kann man wohl als sehr wahrscheinlich annehmen. Die Basis muss also leicht zu reinigen und wasserdicht sein.
Wir haben uns für ein gekantetes und geschweißtes Blech entschieden.
In Ermangelung von Schlagschere und Abkanktbank hier die Behelfsmethode. Zuschnitt mit Stichsäge und Metall-Blatt, dann mit dem Trennschleifer auf 1/2 Materialstärke anritzen, einspannen und händisch biegen. Der neue Schweißtisch ist ein super Helfer, nicht nur beim Schweißen…
Das „Riffelblech-Baumarktaluminium“ lässt sich mäßig schweißen und verbirgt einige hässliche Einschlüsse unter der Oberfläche. Fabian musste nach 3 Nähten übernehmen und die Kiste zu Ende braten, mir fehlte da einfach das Gefühl.
Mit Biegen und Brechen Schweißen. Zugegeben, die Nähte sind nicht so doll geworden, halten aber. Weiter ging es mit den Öffnungen und Montagebohrungen.
Steuerung
Damit der Brunnen mit den ganzen Funktionen auch tut was er soll gibt es eine Microcontroller-basierte Steuerung. Weil er mir gerade als erstes unter die Finger gekommen ist, wurde es ein ESP32. Nicht auszudenken, wenn der Brunnen zu wenig Rechenleistung hat.
Somit war dann auch ein Webinterface für die Einrichtung, Wartung und obligatorische Statistik möglich.
Einige Bauteile und anderweitiges Material hat der Fundus hergebeben, entsprechend musste wenig bestellt werden. Und ja, die obere Schublade ist falsch beschriftet 😉
Und noch ein paar Fotos von der Herstellung…
Dekobrunnen
… Pumpenkreis Nummer 2
Um dem geforderten „Brunnen“ im Wort „Schnapsbrunnen“ wenigstens etwas gerecht zu werden, kommt noch ein kleiner plätschernder Wasserstrahl aus einer leeren Schnapsflasche dazu.
An der Flanke hat die Flasche mit einem Diamantbohrer eine 10mm Bohrung zur Durchführung des Schlauchs erhalten. Hat super geklappt, braucht nur etwas Geduld – im Endeffekt ist der Prozess mehr Schleifen als Bohren. Das Etikett wurde vorher mit Folie abgedeckt und temporär überklebt, damit es nicht durch das Kühlwasser beim schleifen beschädigt wird.
Damit die Schlauchleitung innen nicht sichtbar wird haben wir die Flasche innen lackiert. Durch das ganze Lösungsmittel, was durch den engen Flaschenhals muss, hat der Lack wie erwartet schlecht angezogen. Unsere Lösung: Ab auf die Drehbank, kleinste Drehzahl und mit Druckluft langsam belüften.
Nach 2 Schichten und 15min auf dem Karussell ist der Lack dann endlich gleichmäßig deckend und fest geworden.
Als Reservoir wurde eine GN-Wanne aus der Gastronomie zweckentfremded.
Der erste Testlauf des Brunnens.
Bedienfeld & Ablauf
Gegen Ende wurde die Zeit dann doch etwas knapp und wir hatten noch keine Bedienmöglichkeit. Im Lager hatten wir aber noch ein paar kleine Alu-Spritzgussgehäuse von Hamond, die erstaunlich gut für die Aufgabe passten.
Nachdem wir das Gehäuse schnell mit zwei Schichten Sprühlack überzogen haben, wurde noch mit dem CO2 Laser beschriftet.
Weil an einem Schnapsbrunnen auch mal geschlabbert wird, musste ein Ablauf her. Bestehend aus einer Basisplatte, zwei übereinander verklebten Ringen und einem herausnehmbaren Sieb (vorne im Bild). Material ist ein Reststück 4mm Plexiglas in Weiß.
Getränke
Geplant waren eigentlich zwei kleine Kanister mit 5-7 Litern Inhalt. Leider hatten wir jedoch vergessen diese zu bestellen und so sind es dann doch 2×10 Liter Wasserkanister aus dem Campingbedarf geworden…
Wir hätten nie damit gerechnet, dass wir die 20l Fassungsvermögen ausschöpfen würden; beim ersten Einsatz des Schnapsbrunnens sind dann in Summe gleich 29 Liter ausgeschenkt worden.
Alle Teile die in Berührung mit dem Getränk kommen sind lebensmittelecht und wurden vorher natürlich gereinigt.
Zusammenbau
Noch etwas nackig, aber man kann erkennen wo die Reise hingeht. Der Aufbau wurde mit Unmengen an klarem Silikon abgedichtet und alle schweren Teile fixiert. Fehlen eigentlich nur noch die Steine.
Letzte Anpassungen
Erst mal ein paar Pflanzen… Die Deko ist echt und besteht aus drei Sokolenten.
Kurz bevor es in Richtung Party ging musste der Programmcode noch mal angepasst werden. Soweit funktionierte alles zufriedenstellend, wenn wir auch aus Zeitgründen einige Features (Spielereien) erst einmal weggelassen hatten.
Dann der große Schockmoment. Einer der beiden Taster hatte seinen Dienst quittiert und am Controller kam kein Signal mehr an. Die Durchgangsmessung brachte Gewissheit, der NO Kreis war defekt. Das passiert, wenn man billiges Chinazeug kauft…
Glück im Unglück, der Taster hat zwei Kreise und mit einer kleinen Logikänderung im Code und etwas Löten konnte alles mit dem NC Kontakt weiter gehen.
Geschafft!
Und hier noch einmal in seiner gesamten Pracht.
Und als kleiner Bonus noch ein Video vom ersten Getränk 🙂 Prost!
Genial umgesetzt!
Danke 🙂 Ist (wie so vieles) mal wieder eskaliert… aber es soll ja auch nicht langweilig werden!
Ich vermisse die Info wie es nun gekühlt wird?
Hi Unbekannter,
die Kühlung erfolgt aktuell über die schwarze Isolierkiste im Sockel (unter den Getränkekanistern). Darin befinden sich Eiswürfel, Wasser und eine Tauchpumpe. Das Eiswasser zirkuliert dann permanent um die Kupfer-Kühlspiralen herum.
Im sommerlichen Betrieb haben wir so eine komplette Party lang kalte Getränke ziehen können (>25 Liter!).
Wir haben jedoch bereits den Kompressor einer defekten Speiseeismaschine im Regal liegen und werden damit eine regelbare Kühlung aufbauen.
Gruß,
André