HSD Frässpindel SK30

Vor einigen Wochen begann unsere 2,2 kW Chinaspindel Startprobleme zu zeigen. Ohne manuelles „Anwerfen“ blieb die Spindel stehen und kurz darauf löste der Stromüberwachung des Frequenzumrichters aus. Glücklicherweise konnten wir von einem Freund eine gebrauchte 3,8/4,6 kW HSD Spindel mit automatischer ISO30 Spannung erwerben.

Die neue Spindel bringt in der Spitze 6,6 kW (knapp 8,9 PS) und selbst bei 60% Einschaltdauer (S6) noch 4,6 kW. Somit liegen wir bei mehr als der Zweifachen Leistung unserer Chinaspindel.

In diesem Artikel beschreiben wir einige Grundlagen unc Gedanken sowie unser Vorgehen beim Einbau der neuen Spindel. Vielleicht helfen die Informationen dem ein oder anderen bei der Wahl einer Frässpindel. Wieso? Weil über die Spindel bisher recht wenig im Netz zu finden ist und wir uns selbst solch eine Quelle gewünscht hätten. Die Infos in diesem Artikel basieren auf der Originalanleitung sowie unserem eigenen Wissen zu Elektronik und Maschinenbau.

Fabians eigenes Spindelprojekt wird damit jedoch nicht auf Eis gelegt! Für die nächste Maschine werden wir sehr Wahrscheinlich auf einen Eigenbau zurück greifen, dann jedoch angetrieben durch eine starken Servomotor und mit niedrigerer Maximaldrehzahl. Dann sind auch Stahl und Gewindeschneiden drin.

Achtung! Dieser Artikel lebt und wird regelmäßig erweitert. Vorbei schauen lohnt sich.

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Bevor wir mit der neuen Spindel arbeiten können, müssen einige Änderungen an Maschine und den Schaltschränken vorgenommen werden. Hier unser Plan:

  1. Demontage Flüssigkeitskühlkreislauf und bestehender Frequenzumrichter
  2. Montage des neuen Frequenzumrichters
  3. Dreiphasige Zuleitung und Absicherung (3×16 A)
  4. Montage der Druckluftaufbereitung
  5. Einrichtung der pneumatischen Ventilinsel
  6. Verlegung des unteren Z Limit Sensors
  7. Bohrungen an der Z Achse anbringen sowie Montage der Spindel
  8. Ausrichtung der Spindel zu den Achsen
  9. Austausch des Kabelstrangs
  10. Verlegung der Absaugung nach außen
  11. Anschluss des Spindelsteckers
  12. Parametrisierung des Frequenzumrichters
  13. Testlauf

Technische Daten

Spindel

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Frequenzumrichter

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Der Frequenzumrichter ist ebenfalls als Gebrauchtgerät zu uns gekommen, sieht jedoch fast neuwertig aus.

Teileliste

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Anschlüsse

In diesem Abschnitt geht es um alle Medienanschlüsse der Spindel.

Achtung: Die Arbeit an elektrischen Anlagen erfordert unbedingt Sachkenntnis und vor inbetriebnahme der Anlage eine vorherige Überprüfung. Die folgenden Angaben sind ohne Gewähr auf Richtigkeit.

Schema Elektro

In Kürze lässt sich der schematische Aufbau vom Netz bis zur Spindel wie folgt beschreiben:

Netz > Absicherung > RCD  > Trennschalter/Hauptschalter > Netzdrossel > EMV Filter / Netzfilter > Frequenzumrichter > Motorleitung, >Frässpindel

Netz / Unterverteilung

Durch geschickte Wahl der Komponenten versuchen wir um die Absicherung mit 3x 32A herum zu kommen. Ob uns das gelingen wird, zeigt wohl nur der erste Praxistest.

Um den erhöhten Ableitstrom verarbeiten zu können muss ein zweiter RCD exklusiv für die Spindel eingebaut werden. Diesen klemmen dir direkt an die Unterverteilung der Werkstatt vor den RCD für die Steckdosen. In Kette geschaltet würde ansonsten trotzdem immer der RCD mit der geringsten Kennlinie auslösen.

Absicherung

Abgesichert wird mit einem 3 poligen Leitungsschutzschalter 16 A Typ „C“.  Dieser ist besonders bei stark induktiven oder kapazitiven Lasten geeignet (Motoren, Kondensatoren, Schaltnetzteile), da er Einschaltströme des 5 bis 10 fachen seines Nennwerts erlaubt. Wenn das noch nicht ausreichen sollte bietet Typ K sogar das 8 bis 14 fache an Überlastfähigkeit.

Allstromsensitiver Fehlerstromschutzschalter (RCD)

In der Hausinstallation kommen in der Regel nur Fehlerschutzschalter (auch als FI bekannt) der Klasse A zum Einsatz. Diese arbeiten im Wechselstromumfeld und innerhalb eines gewissen Frequenzbereich.

Frequenzumrichter nutzen jedoch meistens einen Zwischenkreis mit Gleichspannung und modulieren die Ausgangsspannung bis in den Kiloherzbereich. Unser neuer Frequenzumrichter arbeitet z:b. bis 1.000 Hz, also 1 Khz. Um im Notfall, also einem Erdschluss, eine sichere Auslösung zu gewährleisten sind Fehlerstromschutzschalter der Klasse B oder besser notwendig.

Netzdrossel

Frequenzumrichter entnehmen den Strom aus dem Versorgungsnetz meistens nicht sinusförmig sondern je nach Lastanforderung in Stößen. Für das Netz bedeutet dies eine höhere Belastung durch einen erhöhten Effektivstrom. Abhilfe schaffen sogenannte Netzdrosseln (Englisch „Reactor“), welche vor den Frequenzumrichter geschaltet werden. Nebenbei reduziert sich durch die Drossel auch die Einwirkung hochfrequenter Schwingungen auf das Versorgungsnetz.

In unserem Fall kommen wir durch Einbau der Netzdrossel um eine Versorgung der Maschine mit 32 A herum. Der Bemessungsstrom kann durch die Glättende Wirkung der Drossel von 23,2 auf 15,2 A verringert werden.

EMV Netzfilter

Einfachere Netzfilter leiten die Störungen gegen PE ab, was jedoch in diesem Leistungsspektrum zwangsweise zu hohen Ableitströmen führt. Oft auch >30 mA, was wiederum zum auslösen des RCDs führt.

Um das zu umgehen gibt es zweistufige Netzfilter bei welchen neben den drei Phasen und PE auch der Neutralleiter angeschlossen wird. Der Ableitstrom wird dann über N abgeführt und die Zusatzbelastung auf PE fällt unter 30 mA. Entsprechend haben wir uns für den Dreiphasen-Netzfilter CNW 206/36 entschieden.

Gerade in Wohngebieten ist ein Netzfilter zwingend erforderlich.

Zwischenkreisdrossel

Sollte es trotz der o.g. Maßnahmen weiterhin zu Problemen bzw. Störungen des Netzes kommen kann zusätzlich eine Zwischenkreisdrossel verbaut werden. Diese sorgt für eine Glättung im Gleichspannungs-Zwischenkreis des Frequenzumrichters. Wir verzichten aber vorerst darauf.

Bremswiderstand

Der Bremswiderstand sorgt für ein schnelleres Anhalten der Spindel. Beim Bremsvorgang wird die in der Spindel vorhandene Rotationsenergie in Form von Wärme „verheizt“.

Zur Auswahl stehen typischerweise zwei Typen. Modelle mit hoher Dauerbelastbarkeit (ED 100%) oder Modelle mit hoher Spitzenbelastbarkeit. Unsere Wahl (Hitachi – PWR-R600-100) vertägt bei ED 15% 1,1 kW, jedoch auf Dauer (ED 100%) nur 0,3 kW.

Bei der Auswahl ist zwingend darauf zu achten, dass der minimale Widerstand (Siehe Anleitung Frequenzumrichter) nicht unterschritten wird, da sonst der interne Bremschopper beschädigt werden kann.

Motorleitung & Frässpindel

HSD verwendet von 3,8 bis ca. 12 kW den gleichen Anschlussstecker, über welchen der Leistungsteil sowie die Sensoren angeschlossen werden. Das spart Verkabelungsaufwand und lässt somit einen schnellen Austausch gegen eine Spindel mit anderen Leistungsdaten zu.

CNC Steuerung

Geschaltet werden müssen die folgenden Funktionen

  1. Spindle „ENABLE“ Signal
  2. Spindeldrehzahl 0-10 V
  3. Relais für den Lüftermotor
  4. Pneumatikventil für den Werkzeugauswurf
  5. Pneumatikventil für die Sperrluft

Auf der Eingangsseite sind 4 Signale wichtig

  1. Signal für ALARM
  2. Signal für Erreichung der vorgegebenen Drehzahl
  3. Überwachung ob Werkzeug gespannt ist
  4. Überwachung ob die Einzugstange voll ausgedrückt wurde

Schema Pneumatik

  1. Kreis für die Ausdrückfunktion, 7 bar
  2. Kreis für die Sperrluft sowie Kegelreinigung, 4 bar

Die Kegelinnenreinigung wird bei betätigter Ausdrückfunktion automatisch betätigt und speist sich aus Kreis 2. Im Betrieb wird durch Kreis 2 ein leichter Überdruck im Spindelgehäuse erzeugt, welcher das Eindringen von Staub und Flüssigkeit verhindert.

Vorbereitung

Druckluftaufbereitung

Die Druckluft für Sperrluft, Werkzeugauswurf und Kegelreinigung muss einigen Anforderungen genügen, um die Spindel auf Dauer nicht zu schädigen. Neben dem Wassergehalt (angegeben als Taupunkt) ist auch der maximale Ölgehalt vorgeschrieben. Bei zu hoher Feuchtigkeit entsteht Rost und bei zu hohem Ölanteil sammelt sich Öl im Keramiklager und kann dieses zerstören.

Durch die Kompression der Luft verdichtet sich auch die Konzentration von Schmutzpartikeln in der Luft. Bei den recht üblichen 8 bar (also absolut 9 bar) erhöht sich die Konzentration auf das Neunfache.

Anforderung an die Druckluft nach ISO 8573-1 (Angaben des Herstellers)

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Grundsätzlich gibt es folgende Optionen bei der Trocknung:

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Wir haben uns für die Membrantrockner Kombination SF0020 von Donaldson entschieden, da diese am besten auf unseren Anwendungsfall passt und die Anforderungen des Spindelherstellers voll erfüllt.

Die Kombination besteht aus

  1. Zyklonabscheider mit Vorfilter
  2. Koaleszensfilter, welcher durch Glasfasern die im Gas gebundene Flüssigkeit und Öl extrahiert. Klasse 1 ISO8573-1
  3. Membranfilter zweistufig
  4. Aktivkohlefilter
  5. Druckregler

Montage

Auf der Rückseite der Spindel befinden sich zwei lange T-Nuten zur Montage. D.h. die Spindel muss rückseitig montiert werden. Alternativ kann eine Adapterplatte gebaut werden. In unserem Fall hat Fabian die Z Achse bereits passend konstruiert und eine Montage wird problemlos möglich sein. Aufgrund des hohen Spindeldurchlasses und der Konstruktion kann die neue Spindel von hinten montiert werden.

Zur Unterstützung der Z-Achse kommt ein Druckluftzylinder zum Einsatz.

Erster Start

Vorbereitung

HSD schreibt folgende Kaltstartsequenz vor. Damit sollen die Präzisionskugellager auf Temperatur gebracht und ein übermäßiger Verschleiß verhindert werden. Eine ähnliche Abfolge haben wir bereits bei unserer 2,2 kW Chinaspindel eingesetzt.

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Werkzeugaufnahmen

Einen super Artikel zur Theorie des Auswuchtens findet sich hier. Bei den Aufnahmen ist auf die korrekte Wuchtgüte und maximale Drehzahl zu achten. In kürze werden wir die ersten 10 Aufnahmen erwerben, Details zu Auswahl und Kaufentscheidung folgen.

Werkzeugwechsel

Hier setzen wir auf die ausgezeichnete Umsetzung von Siggi (www.royal-cnc.de). Alleine die Werkzeugwechselfunktion in seiner Royal-CNC Software kommt auf mehr als 600 Zeilen Programmcode und wird mit künftigen Erweiterungen (Kettenmagazin, Greifer, etc.) sicher noch viel umfangreicher.

Werkzeugmagazin

Die erste Zeit werden wir  uns mit einem simplen einreihigen Werkzeugmagazin zufrieden geben.

Alternative

Gerade bei Eigenbau und Hobbyprojekten die Frage der Fragen: Geht das nicht auch billiger?

Folgende Alternativen haben wir uns angesehen. Neben vollwertigen Spindel mit pneumatischer Werkzeugspannung gibt es noch sogenannte Vorsatzwechsler, welche als Verlängerung auf eine bestehende Rundspindel angesteckt werden können. Bauartbedingt fällt die Einzugskraft jedoch in der Regel äußerst gering aus, weswegen wir diese Variante von vorne herein ausgeschlossen haben.

3 kW BT30 Werkzeugwechselspindel vom Chinesischen Hersteller Rattm Motors

Diese findet sich bereits an der ein oder anderen Selbstbaumaschine in Deutschland (siehe Youtube).

Zu beziehen ist die Spindel aktuell nur über China, z.B. via Aliexpress. Mangels Prüfung und Zertifizierung dürfen die Spindeln hierzulande nicht ohne weiteres verkauft werden, was aber nicht grundsätzlich für ein fehlerhaftes oder gefährliches Produkt stehen muss! Inklusive Versandt und Einfuhrzoll bzw. Deutscher Steuer liegt die Spindel (mit Frequenzumrichter) bei ca. 2.100 Euro.

Fazit

Frässpindeln mit automatischem Werkzeugwechsel sind eine teure Angelegenheit. Gerade bei Sach- und Normgerechtem Anschluss bzw. Versorgung (Frequenzumrichter, Druckluft, Schutzbeschaltung, evtl. Kühlkreislauf, etc.) kommen zum Kaufpreis der Spindel noch eine Menge weiterer Kosten hinzu.

10 Comments

  1. Pingback: Jahresrückblick und 2018 – CNC #1 28. Dezember 2017
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  2. Pingback: 3D-Druck im (Hobby-) Maschinenbau - CNC #1 16. Dezember 2018

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